Schloss Linderhof
Schloss Linderhof ist das kleinste der drei Schlösser Ludwigs II. und das einzige, das noch zu seinen Lebzeiten vollendet wurde. Linderhof gilt als das Lieblingsschloss des „Märchenkönigs“, in dem er sich mit großem Abstand am häufigsten aufhielt. Das Schloss und die Gartenanlagen sind für Besucher zugänglich. 2009 kamen 451.000 Besucher.
Baugeschichte Das Schlossgebäude
An der Stelle des späteren Schlosses Linderhof befand sich ursprünglich ein einfaches Bauernhaus von 1790, das unter Max II. in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Jagdsitz umgebaut wurde. Dieses Königshäuschen war noch als regionales Holzhaus auf einem Steinsockel errichtet, der eigentliche Linderhof war ein benachbarter Bauernhof, auf dessen Grundstück sich das Jagdhaus befand.
Ab 1868, Ludwig II. wurde vier Jahre zuvor im Alter von 18 Jahren gekrönt, begann der junge König mit den ersten Plänen für mehrere Schlösser außerhalb der ihm verleideten Hauptstadt München. Aus seinem Interesse an der mittelalterlichen Ritterkultur und der musikalischen Sagenwelt Richard Wagnersgingen als erstes Entwürfe für das Schloss Neuschwanstein hervor, mit dessen Bau ab 1869 begonnen wurde. Nahezu zeitgleich reiften im König Ideen, im Graswangtal in der Nähe des Jagdhauses ein Refugium nach dem Vorbild des Schlosses von Versailles zu errichten, das ganz im Zeichen der französischen Bourbonen-Könige stehen sollte. Dieses Projekt wurde zunächst als Meicost-Ettal bezeichnet, wobei es sich um ein Anagramm des Ludwig XIV.zugeschriebenen Zitats L’état c’ést moi („Der Staat bin ich“) handelte. Das Gelände des engen Tals erwies sich für den geplanten Schlossbau als zu klein, und so wurde der Palast schließlich ab 1878 auf der Herreninsel im Chiemsee erbaut, das Neue Schloss Herrenchiemsee.
Für den Standort Linderhof begnügte sich Ludwig II. vorerst mit einer Erweiterung des Königshäuschens, das er nach seinen Vorstellungen ab 1869 durch den Architekten Georg von Dollmann umbauen ließ. 1870 wurde das Gebäude zunächst um einen Ostflügel erweitert. Der neue Trakt war bis dahin als Einzelstück gedacht, es war noch kein Anbau geplant. 1871 wurde dann jedoch auch ein Westflügel errichtet und beide Bauten durch ein mittleres Verbindungsstück, welches das königliche Schlafzimmer enthielt, verbunden. Infolge des Umbaus sah das Schloss etwa u-förmig aus; es war durch den Innenhof zugänglich, ohne dass vorher das Königshäuschen betreten werden musste. Obwohl es dadurch bereits unnötig war, ließ Ludwig das Jagdhaus noch nicht abreißen, da er einen hohen emotionalen Bezug zu dem Gebäude hatte. 1873 wurde dann das Schloss mit Steinmauern umschlossen und das Dach erneuert. Im Folgejahr wurde das Königshäuschen an seinen heutigen Standort versetzt, etwa zweihundert Meter westlich des Schlosses, wo es sich noch heute befindet. Der offene Hof wurde durch den auf das heutige Gartenparterre ausgerichteten Südtrakt geschlossen, so dass Linderhof seitdem eine kompakte Schlossanlage bildet. Nachdem 1885/1886 auch der Schlafzimmertrakt nach dem letzten Umbau durch Julius Hofmann erweitert und vollendet wurde, war das Schloss in seiner heutigen Form fertig. Es zitiert in seiner Gestalt die Lustschlösser des 18. Jahrhunderts, ist jedoch ein eigenes Bauwerk ohne direkte Vorbilder. Die Fassaden des zweistöckigen Bauwerks sind im historistischen Stil in Anlehnung an das Rokoko gestaltet.
Die Innenräume
Schloss Linderhof hat durch seine wechselvolle Baugeschichte einen komplexen, aber doch symmetrischen Grundriss. Das Obergeschoss mit den Wohnräumen des Königs beherbergt insgesamt zwei große Säle, den Treppenaufgang, vier annähernd hufeisenförmige Kabinette, je ein ovales Ess- und Arbeitszimmer, sowie die den Spiegelsaal flankierenden Gobelinzimmer. In der mittleren Achse befinden sich die größten Räume des Schlosses – das Schlafzimmer und der Spiegelsaal – die seitlichen Trakte beherbergen die kleineren Salons und die Kabinette. Alle Räume sind überreich im Stile des Neorokoko ausgestattet, kaum eine Wand- oder Deckenfläche ist ohne Dekoration. Die Entwürfe für die Innenausstattung stammen unter anderem von Christian Jank. Das Speisezimmer des Schlosses ist, ähnlich dem Speisesaal auf Herrenchiemsee, mit ein Tischleindeckdichausgestattet, das heißt, dass der Tisch des Esszimmers durch eine Mechanik nach unten in die Küche gelassen werden konnte. Dort wurde er gedeckt und in Handarbeit wieder nach oben gefahren, so dass der König ohne die Anwesenheit seiner Bediensteten speisen konnte.
Der größte Raum auf Linderhof ist das nach Norden gerichtete königliche Schlafzimmer. Es ist in seiner Funktion an das Schlafzimmer des französischen Sonnenkönigs angelehnt, jedoch in anderen Formen und Farben gestaltet. Wie in Versailles findet man eine Abtrennung des Bettteils vom Rest vom Raum, was erlauben würde, die erste und letzte Audienz eines Tages am Bett zu halten, wie es der Sonnenkönig tat. Zu Ludwigs – des Bayern – Zeiten war diese Vision jedoch passé: Der König der Konstitutionellen Monarchie Bayern hatte eine völlig andere politische Bedeutung als der absolutistische Herrscher Frankreichs. Die Verehrung des französischen Königshauses durch Ludwig II. findet sich in zahlreichen weiteren Details. So sind im Plafond des Speisesaals Szenen aus dem Leben am Hofe von Versailles dargestellt, die hufeisenförmigen Kabinette mit Porträts französischer Höflinge und Adliger – unter anderem Madame Pompadour und Madame Dubarry – geschmückt und im Treppenhaus ist eine Prunkvase aus der Manufaktur von Sèvresaufgestellt.
Der Schlossgarten
Der formale Garten ist annähernd kreuzförmig angelegt, den Mittelpunkt dieses Kreuzes bildet das Schloss mit dem großen Bassin davor, aus dem eine bis zu zweiundzwanzig Meter hohe Fontäne schießt. Entlang der in nordsüdlicher Richtung ausgerichteten Hauptachse steigt der Garten, dem Verlauf des Geländes folgend, vor und hinter dem Schloss den Hang hinauf und ist durch Terrassen und Treppen gegliedert. Die seitlichen Bereiche sind Bosketten ähnlich gestaltet. Der gesamte Schlosspark Linderhofs ist mit zahlreichen Zierbauten und Follies versehen. Auf der Anhöhe der Terrassenanlage befindet sich ein kleiner Venustempel, die Anhöhe hinter dem Schlafzimmertrakt ist mit einer Kaskade geschmückt und endet im sogenannten Neptun-Brunnen. Als exotische Parkbauten finden sich neben dem Königshäuschen unter anderem der Maurische Kiosk, das Marokkanische Haus, die sogenannte Hundinghütte und die Einsiedelei des Gurnemanz. Ein besonderes Bauwerk ist die künstlicheVenusgrotte, die Bezug auf Richard Wagners Tannhäuser nimmt und als Interpretation der Grotte im Venusberg gestaltet wurde.