Die „Guglmänner“ wollen ein Konterfei des sagenumwobenen Herrschers meterhoch in die Felswand schlagen lassen
Vor dem 175. Geburtstag des Bayernkönigs Ludwig II. hat ein monumentales Vorhaben hitzige Debatten ausgelöst. Die treuen Königsanhänger vom Geheimbund Guglmänner wollen ein Konterfei des sagenumwobenen Herrschers meterhoch in die Kampenwand bei Aschau im Chiemgau meißeln lassen. Von der 1669 Meter hohen Felswand aus könne der König direkt auf das von ihm geschaffene Schloss Herrenchiemsee schauen, sagt der Sprecher der Guglmänner, Fredl Helm.
Etwa 25 Meter hoch könnte das Porträt werden, das Steinmetzlehrlinge in den Fels schlagen sollen. „Da gibt es sicher drei, vier, die das allein der Ehre wegen tun.“ In einem Jahr, so Helm, könnte das Werk fertig sein – dann als nachträgliches Geburtstagsgeschenk zum 175. des Monarchen an diesem 25. August. Wenn es nur endlich Resonanz der Verantwortlichen gäbe, und ein Go für die Arbeiten. Nun hoffe man auf Unterstützung vom derzeitigen Regenten in Bayern: Ministerpräsident Markus Söder (CSU). An die 500 Postkarten mit einer Fotomontage und Beschreibung der Idee hätten Unterstützer inzwischen an ihn gesandt, sagt Helm. Söder sei derjenige, der das Vorhaben voranbringen könne. „Er ist schließlich der eigentliche Nachfolger.“
In des Königs Kleidern war Söder schon vor Jahren noch als Finanzminister äußerst glaubhaft in Erscheinung getreten: Im Januar 2016 kam er als Ludwig II. verkleidet zur Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst. Zum Vorschlag der Guglmänner wollte sich die Staatskanzlei nicht äußern.
Die Kampenwand ist in Privatbesitz. Postkarten gingen auch an den Eigentümer Freiherr Rasso von Cramer-Klett sowie an den Aschauer Sternekoch Heinz Winkler – auch um Sponsoren für das Projekt zu finden, sagt Helm. Bisher auch hier ohne Resonanz.
In der Gemeinde Aschau ist man von dem Vorschlag nicht besonders beeindruckt. „Es ist ein witzige Idee“, sagt Herbert Reiter, Leiter der Tourist Info Aschau und Sachrang. Aber: „Wir möchten lieber die Kampenwand im natürlichen Charakter erhalten. Es ist nicht unsere touristische Philosophie, dass wir die Masse hier haben wollen.“ Nicht zuletzt trägt der Aschauer Ortsteil Sachrang den Titel „Bergsteigerdorf“ – Markensiegel für sanften naturerhaltenden Tourismus und Verzicht auf spektakuläre Attraktionen. Die Gemeinde als Genehmigungsbehörde für eine Baumaßnahme habe keine offizielle Anfrage der Guglmänner, sagt Reiter. Als weniger martialische Alternative habe es Vorschläge gegeben, zum Todestag des Königs am 13. Juni dessen Silhouette an die 200 Meter hohe Felswand zu strahlen. Auch das schien dem Ort zu pompös – Lichtverschmutzung.
Der Deutsche Alpenverein (DAV) spricht von einem „ziemlich absurden Plan ohne Realisierungschancen“. „Bei der Aktion geht es wohl eher darum, auf den Kini und die Guglmänner aufmerksam zu machen“, sagt Sprecher Thomas Bucher. Die „Guglmänner SM. König Ludwig II.“ sind überzeugt, dass Seine Majestät sich einst nicht selbst tötete, sondern ermordet wurde. Die auf die Zeit der Kreuzfahrer zurückgehende Bruderschaft war bei Beisetzungsfeierlichkeiten für die Könige der Wittelsbacher dabei: in schwarzen Kutten mit Wappenschild der Bayernherrscher, die Kapuze (die Gugl) mit Sehschlitzen über dem Kopf, in der Hand zwei gekreuzte Fackeln. Ihr Motto: „Media in vita in morte sumus“, mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben.
Was das royale Gesicht in der Kampenwand für Kletterer bedeuten würde, die im Sommer in Scharen an den nach einem Hahnenkamm benannten Felszacken unterwegs sind, das ließen die Guglmänner offen. Dürften sie dem Kini auf die Nase steigen oder gar Haken reinbohren? Der Fels bietet ohnehin eine Tücke. „Die Frage ist, ob sich die Guglmänner schon damit auseinandergesetzt haben, dass wir hier Kalkgestein haben“, sagt Reiter. Das ist wenig haltbar. „Wenn man da meißelt, kommen nur Brösel raus.“
Guglmann-Sprecher Helm schreckt das nicht. Notfalls müsse man mit der Injektion von Harzen arbeiten. „Das ist schier unzerstörbar.“ Nur wenn das nicht möglich sei, würden andere Pläne in Erwägung gezogen, bekräftigte Helm am Mittwoch. Ein Königskopf aus Karbon zum Beispiel, der am Berg hängen könnte. Oder eine Bavaria-ähnliche Kini-Statue, die man von innen begehen könnte inklusive Rutsche für Kinder. Vorbild für das Projekt sei Mount Rushmore in den USA, von dem die früheren US-Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Theodore Roosevelt und Abraham Lincoln herabblicken. Das Monument mit den fast 20 Meter hohen Köpfen ist nicht unumstritten. Es wurde in einen heiligen Berg der Lakotas geschlagen – für diese eine Provokation, zumal unter Lincoln viele von ihnen hingerichtet wurden.
Sollten Einheimische an der Kampenwand Bedenken haben, werde man sofort Abstand nehmen, sagt Helm. „Wir wollen mit niemandem Ärger bekommen, aber normalerweise sollte jeder anständige Bayer sagen: Dem König Ludwig II. gebührt sowas und das muss sein.“
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